„He, Bildung ist so wichtig“, sagt der Hotelfachmann, der Laus und mich am Ende eines langen Tages beim Tischkicker vernichtend geschlagen hat. Da nicken wir. Wenn der wüsste, denke ich, was wir für einen bildungsintensiven Tag hinter uns haben.
Unser Tag hat angefangen mit der Besichtigung des Landtages. Des provisorischen Landtages. Vor dem Landtag: Die Bierlieferung für die AfD-Fraktion, die aus dem Feiern gar nicht mehr raus kommt. Die nette Frau vom Besucherdienst des Landtages hat uns in die Besuchergruppe der CDU- Landtagsabgeordneten Friedlinde Gurr-Hirsch eingeschleust. Wie jeder weiß, ist FGH Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium. Wir vermuten, dass die neue Regierung ihre Staatssekretäre nach lexikalen Analogien zuordnet. Dazu passt auch, dass der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN Schwarz heißt. Jedenfalls erklärt uns die nette Frau vom Besucherdienst wie die Demokratie so funktioniert. Ein Klugscheißerkind darf den Landtagspräsidenten geben, dann wählen wir einen Ministerpräsidenten.
Der provisorische Landtag sieht ein bisschen aus, wie die Studiokulisse der alten Robert-Lembke-Fernsehshow „Was bin ich?“. Aber der Landtagspräsident hat keine Schweinchen. Und er hat eine Glocke. Keinen Gong.
Weil Bildung so wichtig ist, und weil es dort auch Kaffee gibt, gehen wir in die Mega-Buchhandlung „Wittwer“.
Und tatsächlich kommen wir hier weiter.
Ein Mann namens Martin Urban hat eine Studie darüber verfasst, welche Rolle Gott und die Kirche in den Texten von ACH spielt. Hätte er uns auch fragen können.
Ichael kauft sich gleich eine Einführung in den Talmud und den Koran, falls der Urban doch noch kommt. Dann muss man was zu sagen haben.
Außerdem finden wir ein schönes Buch über die Musikindustrie. Leider ist es in ziemlich kleiner Schrift geschrieben und wir nicht mehr die Jüngsten.
Um uns jünger zu fühlen gehen wir in die Königspassage und gucken uns an, was hippe, junge Leute so essen. Ergebnis: Sie essen in der Food Lounge. Indisch. Oder auch so Bio-Burger von glücklichen Kühen. Darum essen wir indisch. Und Bio-Burger.
Da der Tag ja nun unter dem Motto „Bildung“ steht gehen wir am Nachmittag in das Haus der Geschichte Baden-Württembergs. Man muss dort sein Handy ausschalten und darf in der News-Lounge nicht schaukeln. Hier ein paar Handy-Fotos. Okay. Es ist nur eines. Das ist die Stuttgart 21 Wand. Ich habe es beim Schaukeln in der News-Lounge gemacht.
Aber so ist das in Rock-Bands: Man ist wild und frei und hört erst damit auf, wenn die Aufsichtsfrau mit der schrillen Stimme angerauscht kommt und schimpft. Aber dann entschuldigt man sich auch. Man muss Fehler zugeben können. Auch Rockbands haben ethische Grundsätze.
Die diskutieren wir dann bei Kaffee und Kuchen im Cafe in der Königsstraße.
Anschließend inspizieren wir Stuttgart. Ergebnis: Es ist irre hässlich. Dazu kommt: Die Bayuwarisierung Schwabens schreitet auch hier in Sieben-Meilen-Stiefeln voran. Der Beweis: Der Dirndelladen. Außerdem interessant: Die Genderisierung in der GRÜNEN-Hochburg hat sogar schon die Blutsbrüder und -schwestern erreicht.
Damit das mit der Bildung nicht aufhört, beschließen wir uns per Übungsdiskussion auf ein Gespräch mit Martin Urban vorzubereiten. Wir besprechen den Sinn des Lebens, den Sinn des Todes und ob ein ewiges Leben besser wäre, sowie das Problem, ob die Europäer Verantwortung für den afrikanischen Kontinent tragen oder was? Wichtig auch, auch wenn wir da bei Martin Urban nicht punkten können: Wird die AfD gemobbt? Oder sollte man die AfD mobben? Man weiß es nicht.
Abends sind wir dann im Oblomov. Eine Bar. Als belesene Bildungsbürger wissen wir natürlich, dass diese Bar nach dem zweiten Roman des russischen Schriftstellers Gontscharow benannt ist. Die Titelfigur ist ein ziemlich fauler und lethargischer russischer Adliger, der seine Tage mit Ach und Krach dahin bringt. Darum hat uns die Bar angsprochen. Und nicht enttäuscht. Es gibt eine bunt leuchtende Bar, die unsere weitere Martin-Urban-Diskussion stützt. Es gibt einen blinden Spiegel im Klo und einen Tischkicker.
Hier treffen wir die Gastronomen beim Tischkicker. Sie fegen uns einfach vom Platz. Aber immerhin erfahren wir, dass der eine am 07.07.2017 heiratet. Er wird nach Konstanz ziehen. Mit seiner Freundin. Die will Lehrerin werden. Er hat bisher am Matterhorn gearbeitet. Jetzt will er seine künftige Frau unterstützen. Und er wird alles in Gold anlegen. Kein Scheiß. So sind sie. Die jungen Menschen. Nett von ihm, dass er uns das alles erzählt hat. Wir hätten trotzdem lieber gewonnen beim Kicker. Ist ein besseres Gefühl. Und Gefühl, sagt Ichael, ist das Wichtigsten im Leben.
Auf dem Weg zum Döner begegnet uns schon der erste Putzwagen der Stadtreinigung. Die Nachtclubs schalten die Neonröhren aus.